Wertvolle Tradition begeisternd belebt


Glocken Gruppe

„Für Musik begeistern“ lautet das aktuelle Thema des Ehrenamtspreises 2012 „Starke Helfer“. Jürgen Haug hat das wörtlich genommen. Sein Ensemble mit einem weiteren Akkordeonspieler und drei begeisterungsfähigen Musikanten im Alter zwischen 14 und 15 Jahren wurde für das Finale nominiert.

Kirchheim. Jürgen Haug ist es nicht nur gelungen, das traditionsreiche bayerische Glockenspiel wiederzuentdecken und aus seinem „Dornröschenschlaf“ zu wecken. Er hat ihm in Kirchheim eine Heimat und vor allem auch gute Chancen für eine sichere Zukunft gegeben. Als langjähriges Mitglied des Trachtenvereins verstand er es, neben Alexander Lauff und seiner Tochter Alissa auch Janine Waldow und Andre Widmann mit seiner Begeisterung zu infizieren, um diese bedrohte traditionelle Musikart vor dem Aussterben zu bewahren.

Musik spielte im Leben von Jürgen Haug schon immer eine wichtige Rolle, denn der Leiter einer privaten Musikschule auf dem Schafhof hat sein Hobby zum Beruf gemacht. Von 1985 bis 1996 als kaufmännischer Angestellter und Musiker in den Diensten einer bekannten Orgelfirma stehend, absolvierte er 1996 eine Ausbildung zum geprüften Musikpädagogen in Trossingen. 1997 machte er sich dann mit seiner Musikschule auf dem Schafhof selbstständig.

Seit Januar 2010 leitet er die nach fast 16-jährigem Stillstand neu formierte Glockenspielgruppe des Trachtenvereins, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert. Das 1969 von Harald Schuster (Glocken), Angela Baumann (Glocken) und Elke Adler (Akkordeon) gebildete Gründungs-Trio wurde bald schon durch Christine Bachmeier mit ihrem Hackbrett und Akkordeonspieler Jürgen Haug erweitert.

Nachdem von 1994 bis 2010 keine Aktivitäten mehr stattgefunden hatten, sind die Mitglieder des Trachtenvereins Jürgen Haug sehr dankbar dafür, dass er gemäß dem Motto „Sitte und Tracht der Alten wollen wir erhalten“ der Tradition des ursprünglich aus dem Bayerischen stammenden Glockenspiels wieder einen nicht mehr wegzudenkenden Platz im Kirchheimer Vereinsgeschehen gegeben hat. Beim jüngsten Dämmerschoppen der Stadt konnte das junge, traditionsbewusste Glockenspielensemble auch vor großem Publikum viel Applaus ernten und damit zur Bekanntheit und Beliebtheit des Vereins weit über die Tradition des Maibaum-Aufstellens hinaus beitragen.

Bei der Suche nach Mitstreitern, die seine Freude an dieser Musikrichtung teilen, war Jürgen Haug in der großen Vereinsfamilie schnell fündig geworden. Neben Auftritten in den eigenen Reihen war die Glockenspielgruppe schon immer auch ein wichtiges Aushängeschild des Vereins, der 1978 den Europa-Kulturpreis erhielt. Das erfolgreiche Gründungsensemble konzertierte daher auch immer wieder im Ausland und sorgte unter anderem schon in Dänemark, Schweden, Ungarn, Frankreich, Holland und Belgien für Furore.

Jürgen Haug ist es ein großes Anliegen, „die wertvolle und schöne Tradition des Glockenspiels weiter zu unterstützen und zu pflegen“. Aus dem am 22. Dezember 1912 im Gasthaus Krone gegründeten Bayernverein „Bavaria“ hervorgegangen, ist der Kirchheimer Trachtenverein schließlich inzwischen einer der größten Vereine im südwestdeutschen Gauverband – und das verpflichtet.

 

Jürgen Haug ist es gelungen, das aus frühen Jahren teilweise noch vorhandene traditionelle Notenmaterial durch ein spezielles Farbsystem neu aufzubereiten, um damit eine klare Zuordnung der Spieler zu gewährleisten und das Notenablesen übersichtlicher zu gestalten. Auch wenn jedes Mitglied zu einer eigenen Technik finden muss, ist ein harmonisches Zusammenwirken des gesamten Ensembles unerlässlich.

Nach ihren ersten großen öffentlichen Auftritten sind die aktuellen Ensemble-Mitglieder jetzt dabei, ihr Repertoire konsequent auszubauen und sich durch regelmäßige Proben weiter so zu verbessern, dass sie sich selbst und natürlich auch ihrem Publikum immer wieder eine wahre Freude bereiten können.

Die vielen unterschiedlich großen Glocken müssen dabei blitzschnell ergriffen, gerüttelt und möglichst sachte wieder am festgelegten Platz abgestellt werden. Der geringe Raum zwischen den einzelnen Glocken verzeiht keine Fehler, denn schon ein einzelnes umfallendes Glöckchen kann durch den „Domino-Effekt“ fatale Folgen haben und die gewohnte Harmonie und Präzision in Sekundenschnelle zunichte machen.

Das genaue Entstehen des Glockenspiels ist nicht mehr eindeutig nachweisbar, fest steht aber, dass es aus dem Allgäu kommt. Auch Jürgen Haug ist überzeugt davon, „dass das friedliche Geläute der Kühe auf den Allgäuer Almen sowie der melodische Klang der Kirchenglocken, die jeden Tag auch ihren Gruß in die Berge hinaufschicken, wohl einst die jungen Leute veranlasst haben, gemeinsam in ihren Stuben zu musizieren“.

Neben der Glockenspielgruppe engagiert sich Jürgen Haug auch unter dem Motto „Musizieren hat Wirkung“ an einem Kooperationsprojekt der Kirchheimer Musikschule und der Alleenschule. Er betreut dabei eine Keyboard-Gruppe, die hier das Spielen eines Instruments kostenlos erlernen kann.

Mit seiner Frau Daniela – mit der er lange Zeit auch als bei den Passagieren beliebtes Musiker-Duo mehrfach im Jahr auf Kreuzfahrtschiffen vom Mittelmeerraum bis zum Nordkap unterwegs war – gestaltet er jedes Jahr im August für die Mitglieder des Seniorentreffs Dettingen einen immer sehr gut angenommenen Nachmittag mit Tanz- und Unterhaltungsmusik.

Ebenfalls kostenlos bietet Jürgen Haug alle zwei Jahre seinen Musikschülern in der Dettinger Schlossberghalle ein willkommenes Forum, um sich in festlichem Ambiente auf der Bühne öffentlich zu präsentieren und ihr musikinteressiertes Publikum „für Musik zu begeistern“.

 MühlradlIn der Stadthalle fand der Festabend zum Jubiläum des Trachtenvereins Kirchheim statt. Ein ansprechendes Programm mit Bilderschau, Ansprachen, Tänzen und Musik war die feierliche Kulisse zum 100-jährigen Geburtstag.

Kirchheim. Mit einem Bilderrückblick unter dem Motto „Damals und heute“ ließ der Veranstalter das Geschehen Revue passieren. Vorsitzender Ernst Hummel hob in seiner Rede hervor, dass Arbeitslosigkeit und Not in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg Menschen aus Bayern gezwungen hätten, ihre Heimat zu verlassen und Arbeit in anderen Regionen zu suchen. Darum sei ein Teil dieser Menschen am Fuße der Alb gelandet.

Der Gedanke, heimatlichen Tanz und Gesang zu pflegen, aber auch die heimische Tracht zu erhalten und zu tragen, gab den Anstoß für einen Zusammenschluss. Deshalb wurde im Jahr 1912 in Kirchheim der Bayernverein „Bavaria“ gegründet. Dessen stetiger Fortentwicklung sei bei der letzten Umbenennung im Jahr 1964 in „Trachtenverein Kirchheim unter Teck“ Rechnung getragen worden, so Hummel. Kirchheim könne stolz auf diesen Kulturträger sein. Der Vorsitzende schloss mit den Worten: „Treu dem guten alten Brauch“.

Bürgermeister Günter Riemer gratulierte für die Stadt Kirchheim und sparte in seiner Ansprache an das „liebe Geburtstagskind“ nicht mit Lob. Das Maibaumstellen sei immer ein Höhepunkt im Jahr, so der Bürgermeister.

Gekonnt und informativ führten Oliver Lehnert und Gudrun Lorenz durchs Programm. Die Moderatoren erläuterten die Tänze. Den Reigen der Vorführungen eröffnete die Trachtenjugend Esslingen mit den Tänzen „Müller“ und „Madeleine“.

Sodann präsentierte sich der Trachtenverein mit seinen vier Gruppen. Die Volkstanzgruppe in Kirchheimer Schäfertracht brillierte mit dem „Eckerischen“, einem traditionellen Tanz. Die Goislschnalzer, verstärkt durch den Reichenbacher Patenverein, gefielen mit der Holzhacker-Melodie. Beim Schnalzen handelt es sich um eine alte Tradition der Fuhrmänner, die ihre Peitschen zum Knallen brachten. In Miesbacher Tracht führte dann die Gebirgstrachtengruppe den „Sterntanz“ auf, während die Glockenspielgruppe den „Schneewalzer“, das „Kufsteinlied“ und „Wenn wir erklimmen“ intonierte. Die Glockenspieler unter der Leitung von Jürgen Haug errangen jüngst einen dritten Platz beim Ehrenamtspreis des Teckboten und der Kreissparkasse.

Bevor der Erste Vorsitzende Gunter Dlabal von Südwestdeutschen Gauverband referierte, gab die Trachtenjugend zwei weitere Tänze zum Besten. Schon früher sei Integration kein Fremdwort gewesen, sagte Dlabal im Blick auf die Vereinsgeschichte. Heutzutage verkörpere der Trachtenverein ein Stück Heimat, das „nicht im Museum stehe“. Diese Volkskultur habe bereits nach Osteuropa gewirkt, als der Eiserne Vorhang den Menschen dort noch die Freizügigkeit verwehrte. Für besondere Verdienste konnte Dlabal die ehrenamtlich Tätigen Christine Russ­egger, Doris Schmid, Sibylle Schuster, Angelika Hummel, Jens Diesing und Dirk Diesing mit der silbernen sowie Klaus Schmid und Ernst Hummel mit der goldenen Ehrennadel des Verbands auszeichnen.

Ein schönes Präsent hielt der Patenverein „Filstaler Reichenbach“ parat. Dessen Vorsitzender Hermann Greiner hatte ein Fahnenband mitgebracht. Mit ihrem „Mischwaldtanz“ und dem „Chiemgauer Dreher“ wussten die Gäste zu gefallen. Dass Tanzen auch immer Gemeinschaft bedeutet, wurde durch verschiedene Formationen des Gaus demonstriert. Sowohl die Gautänzer als auch die Gauplattler traten auf. Es war beeindruckend, wie gekonnt sich die in schönsten Trachten Gewandeten auf der Tanzfläche bewegten. Der mit Beifallsstürmen bedachte Höhepunkt war das „Mühlradl“. Danach lud die Musikband „Aspach-Buam“ alle im Saal zum Tanzen ein.

„Die Tracht lebt“

Als Geburtstagsgeschenk an den Trachtenverein Kirchheim, der in diesem Jahr sein 100-jähriges Bestehen feiert, gibt es eine Ausstellung des Südwestdeutschen Gauverbandes der Heimat- und Trachtenvereine in der Kreissparkasse Kirchheim. Dort können Festtagsgewänder aus allen schwäbischen Regionen betrachtet werden.

die Tracht lebt

Kirchheim. Die Begrüßung durch Jürgen Vohrer von der Kreissparkasse zeigte auf, dass der Platz für die liebevoll zusammengetragenen Trachten gut gewählt wurde. Die Tracht der Ostalb ist ebenso dabei wie die aus dem Neckartal und aus Hohenlohe, und selbst Gebirgstrachten aus Bayern, die auch sehr oft in Baden-Württemberg getragen werden, sind zu sehen. Jürgen Vohrer wusste zu berichten, dass die Glockenspielgruppe des Trachtenvereins just im hundertsten Jahr für den Ehrenamtspreis „Starke Helfer“ der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen und des Teckboten nominiert ist.

Gauvorsitzender Gunter Dlabal eröffnete im Beisein vieler Trachtenträger die Ausstellung und gab seiner Freude Ausdruck, dass diese meist originalgetreuen Rekonstruktionen bei der Kreissparkasse ein Dach über dem Kopf erhielten. Ob evangelisch oder katholisch, ob verheiratet oder ledig, ob reich oder arm, ob Alltag oder Sonntag, all das lässt sich an den Trachten ablesen. Von der Kopfbedeckung bis hin zu den Schuhen sind zum Teil auch modische Einflüsse des spanischen und französischen Hofes erkennbar. Verwegen und schwungvoll sind die „Wolkenschieber“ genannten Männerhüte der Hohenloher Tracht, bezaubernd der Schmuck, der dazu getragen wird, insbesondere Halsbänder und Miederschnürungen. Klar wird auch, dass ein Knopf viel mehr ist als eine Befestigungshilfe.

„Tracht lebt“ und „Sitt und Tracht der Alten, wollen wir erhalten“, erklärte der Erste Vorsitzende des Trachtenvereins Kirchheim, Ernst Hummel, in seiner kurzen Ansprache. Mit der Präsentation in der Kreissparkasse, die noch bis zum 15. Oktober besichtigt werden kann, erinnert er an die kultur- und sozialgeschichtlichen Aspekte dieser besonderen Kleiderform. ah

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